Montag, 20. Oktober 2014

Himmelssplitter


Im Rinnstein tobt ein wilder Bach
Treibt bunte Blätter vor sich her
Reißt glucksend sie mit in die Tiefe
Verschwindet unter'm Stadtverkehr

So butterweich wie Fettlasur
Läuft glänzend Wasser in Kaskaden
Über die Museumstreppe
Genährt noch von den Regenschwaden

Von der Markise dort beim Eismann
Schwappt immer wieder eine Welle
Landet platschend auf den Tischen
Doch langsam wird es wieder helle
 
Am Boden spiegelt sich der Himmel
Versinkt in einer Pfütze Meer
Wolken schwimmen übers Pflaster
Und Vögel fliegen drin umher 

Ein kleines Mädchen kommt gerannt
Und springt mit beiden Füßchen rein
Himmelssplitter sprüh'n galant
Brilliantengleich im Sonnenschein. 

                             (c)irisKudelko 

Dienstag, 14. Oktober 2014

Solotanz


Wir tanzen durch unsere Leben,
Jeder seinen Solotanz. 
Waren uns so lang ergeben 
Bis wir verloren unseren Glanz

Nun tanze ich allein durch seines,
Mal mittags und mal in der Nacht. 
So wie er auch durchschreitet meines,
Ganz leise, vorsichtig und sacht. 

Manchmal, wenn ich das Fenster öffne,
Sehe ich ihn draußen stehen. 
Doch er sieht nicht zu mir herein,
Wollte nur mal nach mir sehen. 

Und so sehr ich mich auch sehne,
Rufen würde ich ihn nicht. 
Stattdessen lasse ich ihn gehen 
Und warte, bis die Nacht anbricht. 

Dann stehe ich vor seiner Tür
Und hoffe, dass er mir erscheint. 
Und wenn es nur sein Schatten ist,
So fühl' ich mich mit ihm vereint. 

Liegen auch Welten zwischen uns,
So ist es mir, als wär'n wir Zwei
Uns näher, als so manchen Tag,
Verstrickt im täglich Allerei. 

                                (c)irisKudelko

Mittwoch, 8. Oktober 2014

Stückwerk


Ich dachte, wenn ich endlich gehe
Und dann nicht mehr nach hinten sehe,
Wär alles das, was einmal war,
Vergangenheit und nicht mehr da. 

Ich hatte dabei nur vergessen,
Dass alles, was ich je besessen
Und nicht erwerben konnt' mit Geld,
Nicht einfach in den Abgrund fällt. 

Nicht, wie all die anderen Sachen,
Die nur den Besitz ausmachen. 
Die hab ich leicht zurückgelassen. 
Ohne mir auf's Herz zu fassen. 

Doch alles, was ich heute bin,
Ist Stückwerk und der Zugewinn
Kleiner und auch großer Dinge,
Die ich mit meinem Koffer bringe. 

Die mich formten Tag für Tag,
Auch wenn ich sie nicht alle mag. 
So sind sie doch ein Teil von mir
Und immer auch ein Stück von dir. 

Mag ich auch nur nach vorne seh'n,
So wirst du dennoch mit mir geh'n. 
Als mein Berater und auch Mann,
den ich nicht von mir lösen kann. 

Du hättest mir das gleich gesagt,
Hätt ich dich vorher nur gefragt,
Nun deine Stimme in mir spricht. 
Ich weiß, doch hören wollte ich das nicht. 

                                      (c)IrisKudelko

Dienstag, 7. Oktober 2014

Ungesehen


Hast du mich heute schon gesehen,
Seitdem wir morgens aufgestanden?
Im Badezimmer - müde noch -
Oder beim Kaffee im Stehen?

Auf dem Weg, als wir gerannt,
Zur Bahn, wie jeden frühen Morgen?
Beim Einatmen der Neuigkeiten,
Druckerschwarz am Zeitungsstand?

Neben mir in dem Gedränge,
Haut an Haut bis Bahnhof Zoo?
Wortbefreit mit starrem Blick,
In die morgenschwere Menge?

Oder beim gehauchten Kuss,
Als sich unsere Wege teilten,
Für einen weiteren langen Tag,
Voller Ehrgeiz und Verdruß?

Das neue Kleid, das ich heut trug,
War gern gesehen bei Kollegen,
Ich strich die Falten für Dich glatt,
Auf meinem Weg nach Haus im Zug. 

Die leere Wohnung gähnt mich an,
Schatten spielen an der Wand. 
Bin müde und voll Traurigkeit. 
Ich vermisse Dich, mein Mann.  

                                 (c) IrisKudelko

Rauschender Abschied



Wie zu Urgroßmutters Zeiten
Sitze ich bei Kerzenschein,
Um etwas Wärme zu verbreiten,
Bin heute gern mit mir allein. 

Das raue Wetter stört mich nicht,
Es ist ja draußen und nicht drinnen. 
Ich hab es warm, schreib ein Gedicht,
Das sich grad formt in meinen Sinnen. 

Ich mag den Wind und auch den Regen,
Die Farben, die der Herbst uns bringt. 
Sind gleichwohl Ende und auch Leben,
Wenn alles Bunt im Grau versinkt. 

Beinah, als wäre ich am Meer,
Erklingt das wilde Blätterrauschen. 
Und mag ich auch den Sommer sehr,
möcht' ich nun seinem Abschied lauschen. 

                                          (c)IrisKudelko

Sonntag, 5. Oktober 2014

Der Spiegel


Über den Dächern stehe ich,
Es gibt nicht viel zu sehen
Und dennoch hält es mich im Bann,
Ich will nicht weitergehen

Mein Blick ruht still auf diesem Bild
Es fängt mich ein und spricht. 
Ganz leise rührt es an mein Herz,
Beinah wie ein Gedicht

Ein dunkles Fenster starrt mich an
Der Blick so traurig leer. 
Und doch kommt es vertraut mir vor,
Als ob's mein Spiegel wär. 

Ich bin an diesen Ort gekommen,
Fernab in fremdem Land. 
Zu finden meine Einsamkeit,
Mit Dir an meiner Hand.            

                              (c)IrisKudelko

Donnerstag, 2. Oktober 2014

Der Sensemann


Der Sensenmann steht vor der Tür 
Reicht mir die kahle Knochenhand. 
Er meint, es sei nun Zeit zu gehen, 
für sein Metier beinah galant. 

Es ist zu früh, denk ich bei mir. 
Der Film hat grad erst angefangen. 
Wenn mittendrin der Vorhang fällt,
Warum bin ich dann reingegangen?

Die Szene, wo sich beide finden,
Zusammen lachen, tanzen, träumen. 
Die wollt ich noch so gern erleben  
Und nicht das Beste jäh versäumen. 

"Lass mich noch hier, ich bitte Dich,
Die Witwe, dort gleich nebenan,
Den Mann betrauert Jahre schon
Nimm sie, sie stört sich nicht daran!"

Er schaut aus tiefen Augenhöhlen
Auf mich hinab mit Seelenruh. 
Hebt langsam mich auf seinen Arm
Und sagt, mein Kind, jetzt hör mir zu:

"Die Witwe hatte schon zwei Filme
Und dreht vielleicht auch noch den Dritten. 
Du hattest Deinen Film beizeiten,
Bist nur zu früh davongeritten."

Ich nicke matt, schließe die Augen,
Starte den Film, drück schnell den Knopf. 
Und während ich davongetragen,
Lach, tanz und träume ich im Kopf. 

                                      (c)Iris Kudelko 

Mittwoch, 1. Oktober 2014

A song from yesterday



Schweres Herz ist aus dem Takt
Nervensaiten sind gespannt
Die Noten fallen mir vom Blatt
Ohne Dich kein schöner Land

Hände irren über Tasten
Kennen nicht mehr Schwarz und Weiß
Spielen zäh und wollen rasten,
In Moll erstirbt mein Lied nun leis. 

Ich bin nicht ich, bist Du bei mir
Und verloren ohne Dich
Vergessen wollte ich uns hier
Endlich wiederfinden mich. 

Die schwere Hand ruht am Klavier
Die andere hält ein Glas
Deine Stimme klingt in mir,
Deren Klang ich nicht vergaß. 

Heut ist sie meine Melodie
Und führt mich durch den Tag
Umhüllt mich mit Melancholie
Bis ich endlich weinen wag. 

In Strömen läufst Du durchs Gesicht
Meine Zunge fängt Dich ein. 
Bist salzig, doch das stört mich nicht,
Ich trinke Dich mit dem Glas Wein.

                                   (c)irisKudelko